Ein Ansatz für Coaching auf Basis der TZI
1. Die Idee vom inneren Team
"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust..." diese Erfahrung hat wohl jeder schon einmal in seinem Leben gemacht. Man findet dieses Bild auch in psychologischen Theorien wieder, wie z.B. in der systemischen Familientherapie (Virginia Satir, Richard Schwartz).
Man stellt sich vor, dass sich die Gesamtpersönlichkeit eines Menschen aus vielen verschiedenen Anteilen zusammensetzt, die - wie die verschiedenen Mitglieder einer Familie - unterschiedliche, auch widerstreitende Gefühle, Zustände und Bestrebungen präsentieren. Diese Vielfalt in der eigenen Persönlichkeit zu erkennen und sich damit auseinanderzusetzen, ist eine Möglichkeit sich selbst weiterzuentwickeln. Dabei ist es das Ziel, in schwierigen Situationen souveräner und klarer auftreten und handeln zu können.
Schulz von Thun hat diesen Gedanken aufgegriffen und in seine Kommunikations-psychologie integriert. Er entwickelte ein Verfahren, wie diese Anteile oder Mitspieler im "inneren Team" in einen Dialog miteinander treten können, um schließlich ihren je nach Situation angemessenen Platz einzunehmen. Dabei entscheidet das "Oberhaupt", welches Teammitglied in welcher Situation auftritt, und übernimmt damit die Verantwortung für das Agieren seines Teams.
2. Wie kann man mit dem inneren Team im Coaching arbeiten?
Bei einem Coaching geht es darum, den Coache dabei zu unterstützen, seine Handlungsoptionen zu erweitern. Dafür ist es hilfreich herauszufinden, wer sich auf der inneren Bühne lautstark zu Wort meldet oder sich zurückhält. Es geht darum, die Beweggründe und Motive der verschiedenen Anteile zu verstehen und letztlich das "Oberhaupt" zu stärken, damit es selbst die Führung übernimmt. Schon die eigene innere Vielfalt zu erkennen ist hilfreich, um souveräner agieren zu können. Denn so können alle inneren Anteile, auch die "ungeliebten", besser kennengelernt und damit integriert werden. Im Ergebnis werden Grenzen für das eigene Handeln erweitert und die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit unterstützt. Methodisch kann die Arbeit mit dem eigenen inneren Team z.B. durch Aufstellungen, bildnerische Darstellungen, Rollenspiele kreativ, spielerisch und auch humorvoll vielfältig gestaltet werden.
3. Wie passt der Ansatz vom inneren Team zur TZI?
Für die TZI ist die Forderung "Sei deine eigene Chairperson" eine zentrale Aussage. Ruth Cohn formuliert: "Als meine eigene Chairperson bin ich der/die Vorsitzende meiner inneren Gruppe, meiner verschiedenen Bedürfnisse und Bestrebungen." Damit greift Ruth Cohn die Vorstellung auf, dass der Innenraum einer Person einer Gruppe gleicht, in der unterschiedliche und häufig sich widersprechende innere Stimmen, Strömungen und Teammitglieder aktiv sind. Die "Chairperson" soll als "Oberhaupt" diese verschiedenen Stimmen wahrnehmen, respektieren und schließlich die Verantwortung für die Aufstellung und das Agieren seines "inneren Teams" übernehmen:
"Höre auf deine inneren Stimmen - deine verschiedenen Bedürfnisse, Wünsche, Motivationen, Ideen; brauche alle deine Sinne - höre, sehe, rieche, nimm wahr. Gebrauche deinen Geist, dein Wissen, deine Urteilskraft, deine Verantwortlichkeit und deine Denkfähigkeit."*
* Cohn, R.C./Farau, A., Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Zwei Perspektiven. Stuttgart 1987, 359
- Literaturangaben:
- Ruth Cohn/Alfred Farau (1987): Gelebte Geschichte der Psychotherapie. Zwei Perspektiven. Stuttgart.
- Ingeborg und Thomas Dietz (2011): Selbst in Führung. Achtsam die Innenwelt meistern. Paderborn
- Virginia Satir (1988, 15. Auflage): Meine vielen Gesichter. Wer bin ich wirklich? München
- Richard Schwartz (2008): Das System der inneren Familie. Norderstedt
- Friedemann Schulz von Thun (2003): Miteinander reden. Bd.3: Das "innere Tam" und situationsgerechte Kommunikation. Hamburg
- Hal und Sidra Stone (1994, 4. Auflage): Du bist viele. Das 100fache Selbst und seine Entdeckung durch die Voice-Dialogue-Methode. München